Pornographie online - was Sie als Eltern dazu wissen sollten
Expert*innen beobachten, dass Kinder etwa ab dem Ende der Volksschulzeit mit Pornos konfrontiert werden. In der Regel schicken Kinder diese untereinander weiter oder sehen sie sich gemeinsam an. Für die einen stellt es so etwas wie eine Mutprobe dar: „Wer schafft es, sich dieses grausige Video anzusehen!?“. Andere Kinder sehen einen Porno als etwas Verstörendes, Erschreckendes oder Angstauslösendes. Bei Kindern dieses Alters steht das Anschauen von Pornos also noch nicht im engeren Zusammenhang mit sexuellem Interesse oder Lustgewinn.
Kinder und Jugendliche kommen jedoch nicht nur in der Schule oder durch Freund*innen mit Pornos in Kontakt. Sie können auch mit ihnen konfrontiert sein, sobald sie ein eigenes technisches Gerät besitzen, das ihrer Eltern nutzen oder sich mit anderen Bezugspersonen im digitalen Raum bewegen. Der passende Zeitpunkt, Pornos zu thematisieren, ist demnach gekommen, sobald Kinder mit digitalen Medien in Kontakt sind. Es ist sinnvoll mit seinem Kind bereits darüber zu sprechen, bevor es seine erste Erfahrung mit Pornos macht. So ist es darauf vorbereitet und kann dann besser und sicherer damit umgehen.
Wie spreche ich mit meinem Kind über Pornos?
Achten Sie darauf, Ihrem Kind zu vermitteln, dass Pornos nicht für Kinder sind. Erklären Sie, dass Pornos so etwas wie Action- oder Fantasiefilme sind, die häufig ein Bild von Sexualität transportieren, das mehr mit Macht und Gewalt als mit Sexualität zu tun hat. Sie sind KEIN Abbild der Realität und zeigen NICHT, wie Erwachsene Sexualität in der Wirklichkeit leben. Wie bei anderen Filmen und Serien auch, hat sich Pornos jemand ausgedacht. Es gibt ein Drehbuch und Schauspieler*innen. Zum besseren Verständnis kann auch ein Vergleich zu einem Film oder einer Serie gezogen werden, den/ die sich Ihr Kind im Moment ansieht.
Nicht nur für Eltern, auch für Kinder sind Pornos eine schwierige Angelegenheit. Denn die meisten Kinder im Volksschulalter wollen noch nicht in Kontakt mit Pornos kommen. Sie empfinden die Sexualität, sowie sie in Pornos dargestellt wird, eher noch als „grausig“.
DER PASSENDE GESPRÄCHSEINSTIEG
Es kann schwerfallen, doch sobald Kinder mit digitalen Medien in Kontakt kommen, sind Erwachsene gefordert, Gefahren im Netz von sich aus anzusprechen. Es ist leider ein Irrglaube, dass ihr Nachwuchs durch Filter ausreichend geschützt ist.
Der Erstkontakt mit Pornografie ist bei 60% der Mädchen und bei 37% der Jungs ungewollt und repräsentative Befragungen zeigen, dass dieser immer früher stattfindet.
Außerdem können Sie durch Aufklärung Ihr Kind aktiv vor sexuellem Missbrauch und Übergriffsituationen schützen, da vor allem die Neugier unaufgeklärter Kinder von Täter*innen gerne ausgenutzt wird.
Wenn Sie von sich aus Dinge im Alltag ansprechen, die von Kindern für tabu gehalten werden, tragen Sie viel dazu bei, sich als vertrauensvolle Ansprechperson zu positionieren, falls doch mal etwas schieflaufen sollte. Die Schwelle, sich Ihnen anzuvertrauen, wird somit in wichtigen Fällen deutlich niedriger. Halten Sie sich außerdem vor Augen, dass das Ansprechen durch Übung und Geduld immer einfacher wird.
Erzählen Sie ihrem Kind zum Beispiel, dass es sein kann, dass es mit unangenehmen Videos konfrontiert werden könnte (z.B., dass man ein Video, das man gar nicht sehen möchte von einem Freund/ einer Freundin zugeschickt bekommt), dass es leider ein Risiko der Online-Welt ist, es sich aber nicht dafür schämen muss, wenn so etwas passiert, sondern immer darüber reden kann. Anschließend können gemeinsam Möglichkeiten überlegt werden, was Ihr Kind tun kann, wenn es Angst hat oder mit unpassenden Inhalten konfrontiert wird. Hier kann es vielleicht helfen, mit einem Erwachsenen über die Angst und mögliche andere Gefühle zu reden und beispielsweise zu vereinbaren, Bildschirmfenster, die ungewollt aufpoppen, sofort wieder zu schließen.
Wichtig ist, es solche Inhalte frühzeitig zu thematisieren. Fragen Sie außerdem immer wieder nach, ob Ihr Kind etwas im Internet gesehen hat, dass ihm Angst macht oder in ihm Gefühle auslöst, die es nicht einordnen kann. Achten Sie allerdings darauf, es nicht auszufragen.
Bemühen Sie sich bei Fragen zu sexuellen Themen kurze, richtige Antworten zu geben. Lassen Sie sich durch die Neugier Ihres Kindes leiten. Sie können beispielsweise die „Häppchenmethode“ anwenden. Stellt Ihr Kind eine Frage antworten Sie „häppchenweise“ (kurz und richtig). Stellt es weitere Fragen beantworten Sie diese ebenso. Das EINE Aufklärungsgespräch wird es als solches nicht geben. Es ist vielmehr ein wiederholtes Eingehen auf Fragen und Situationen. Nehmen Sie daher das Thema Pornos kurz und direkt in die allgemeine Aufklärung rund um Gefahren im Netz, zum Beispiel in Vorbereitung auf das erste Handy/Smartphone, mit. Wichtig ist es, zu versuchen, altersgerechte Informationen zu geben.
So
schützen
Sie davor, dass
Kinder auf
Pornos
stoßen:
Stellen Sie Kindern nicht jene Geräte zur Verfügung, auf denen Erwachsene Pornos oder andere unpassende Inhalte anschauen. Wenn Sie das tun, dann erhöhen Sie nämlich die Wahrscheinlichkeit, dass Werbeanzeigen für Pornos oder andere unpassende Inhalte „selbstständig“ erscheinen.
Ein Suchmaschinenfilter sorgt für zusätzlichen Schutz. Bei Google heißt dieser Filter Safe Search und man kann ihn in den Einstellungen aktivieren.
Erkundigen Sie sich, welche weiteren Filter Schutz vor unpassenden Inhalten bieten. Machen Sie sich aber bewusst: Filter stellen keine 100% sichere Lösung dar! Sie minimieren lediglich das Risiko.
Hinsichtlich Einstellungen und Filter zum Schutz gilt außerdem: Je jünger Kinder sind, desto sinnvoller ist deren Anwendung. Bei älteren Kindern macht es in der Regel weniger Sinn, da diese sehr geschickt sind, spezifische Einstellungen zu umgehen.
Der beste Schutz ist eine tragfähige Beziehung und Gesprächsbasis mit Ihrem Kind. Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass Sie immer ein offenes Ohr für sie/ihn haben!
gut zu wissen:
Laut dem Jugendschutzgesetz dürfen Kindern keine Inhalte zugänglich gemacht werden, die für sie unpassend sind. Pornos zählen zu unpassenden Inhalten. Das bedeutet, Erwachsene sind dazu aufgefordert, darauf zu reagieren, wenn sie bemerken, dass ein Kind auf pornographische Inhalte stößt.
Mein Kind hat einen Porno gesehen - was nun?
Im Anlassfall ist es wichtig, erst einmal die Ruhe zu bewahren. Je ruhiger Sie selbst bleiben, desto einfacher und leichter fällt das Gespräch. Machen Sie keine Vorwürfe oder reagieren sie nicht mit Verboten, da sie sich als zukünftige*r Ansprechpartner*in dadurch disqualifizieren könnten. Suchen Sie einen ruhigen Moment und erklären Sie Ihre Haltung und die Haltung des Gesetzesgebers gegenüber Pornografie und Kindern und Jugendlichen.
Je nachdem, wie Ihr Kind auf den Porno reagiert, kann es notwendig sein, sich intensiver mit den hervorgerufenen Gefühlen auseinanderzusetzen. Genauso kann es aber sein, dass Ihr Kind nicht oder noch nicht, das Bedürfnis hat über seine Gefühle und über das Gesehene zu sprechen. Bieten Sie Ihrem Kind das Gespräch an, um das Geschehene zu verarbeiten, aber drängen Sie ihr/ihm das Gespräch nicht auf. Signalisieren Sie Gesprächsbereitschaft. Wenn Sie mit Ihrem Kind ein Gespräch führen, dann sorgen Sie für eine entspannte und sichere Atmosphäre. Erkundigen Sie sich danach, was es gesehen hat und worüber es sich nun Gedanken macht, wie es ihm mit dem Gesehenen geht und wie es sich fühlt.
Oft fällt es Kindern und Eltern jedoch schwer, miteinander darüber zu reden. Eltern fühlen oft Unbehagen oder Scham, wenn sie mit ihren Kindern über Pornos sprechen. Kinder hingegen fühlen sich häufig schuldig, wenn sie auf Pornos gestoßen sind, weil sie glauben, etwas falsch gemacht zu haben (auch, wenn das nicht so ist) und weil sie das Unbehagen und die Scham der Eltern wahrnehmen. Manchmal kann es darum auch besser passen, wenn eine andere „coole“ Bezugsperson mit dem Kind darüber spricht.
Wichtig ist jedoch, Ihrem Kind zu signalisieren, dass Sie für es da sind, über alles reden können und ein offenes Ohr haben – auch bei unangenehmen Themen!
wichtig
auch im Zusammenhang mit digitalen Medien und Internet:
Der Umgang mit den eigenen Emotionen:
Mit den eigenen Gefühlen umgehen zu können, ist auch in Zusammenhang mit digitalen Medien und dem Internet eine wichtige Fähigkeit: Ihr Kind muss ständig beurteilen, ob das, was es sieht, vertrauenswürdig ist oder, ob eine Gefahr dahinter stecken könnte. Während es im Internet surft, muss es immer wieder sein Bauchgefühl fragen: „Kommt mir etwas komisch vor? Ist es ungefährlich, sich diese Website anzusehen? Insbesondere im Hinblick auf die Fragen: Was macht mir Angst? Wie erkenne ich, dass ich Angst habe? Wie gehe ich damit um, wenn ich auf etwas stoße, das mich erschreckt?
Unterstützen Sie Ihr Kind bei der Wahrnehmung und im Umgang mit Gefühlen. Leben Sie vor oder besprechen Sie mit Ihrem Kind, was Sie in entsprechenden Situationen tun bzw. was Ihr Kind tun kann.
JUGENDLICHE UNd PORNOS:
Ab etwa 13 Jahren zeigen Jugendliche Interesse an den sexuellen Aspekten von Pornos. Wichtig ist, dass Jugendliche nun wissen: Pornos sind so etwas wie Fantasie- oder Actionfilme und sind keine verlässliche Quelle, um etwas über Sexualität zu lernen. Vielmehr können Pornos die eigene (zukünftige) Sexualität negativ beeinflussen. Sind sie darüber noch nicht aufgeklärt, sollte das nun zügig passieren.
Prinzipiell ist es auch wichtig, zu wissen: Je mehr Kinder und Jugendliche gelernt haben, sich selbst, ihren Körper und ihre Bedürfnisse gut zu spüren, desto weniger Einfluss haben die Bildwelten von Pornos auf sie.
Ausführliche Gespräche mit den Eltern über Sexualität und Pornos lehnen Teenager eher ab. Sie können Sie aber dazu ermutigen, sich selbstständig bei vertrauenswürdigen Quellen zu informieren.
Anlassbezogen können natürlich jederzeit Gespräche stattfinden. Ein Anlass kann zum Beispiel sein, wenn Sie Ihr Kind beim Porno schauen „ertappen“. Achten Sie bei dem Gespräch darauf, dass Sie sich selbst ruhig fühlen und eine angenehme Atmosphäre herrscht. Teilen Sie Ihre Wahrnehmung mit und stellen Sie offene Fragen wie „Ich habe mitbekommen, dass du einen Porno gesehen hast. Woher hast du diesen Porno?“. Wichtig ist, dass Jugendliche sich nicht beschuldigt oder verurteilt fühlen und nicht mit Moralvorstellungen konfrontiert werden. Eine Frage wie „Wie kannst du dir nur einen Porno ansehen!?“ mit vorwurfsvollem Ton und Blick wirkt sich auf die Gesprächsbereitschaft und das Gelingen des Gesprächs eher ungünstig aus.
Gut zu wissen: Kinder und Jugendliche werden heute häufiger mit pornographischen Inhalten konfrontiert als früher, auch die Inhalte haben sich über die Jahre verändert. Was früher als Pornografie galt, ist nun sehr häufig, was wir in der Pop-Kultur, Filmen und Werbungen sehen. Das Internet hat mit der Zeit die Art von Pornografie stark verändert. So ist heutzutage leider die Darstellung von physischer und psychischer Gewalt in Pornografie die Norm.
warum eigentlich nicht?
Im österreichischen Jugendschutzgesetz (JSG §14) werden pornografische Darstellungen als Gefahren für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen definiert. Für Jugendliche ist Neugierde und Erkundung rund um das Thema Sexualität ein natürlicher und gesunder Teil der Entwicklung. Jedoch gib es potenzielle Probleme, die mit dem Betrachten von Pornografie einhergehen. Das Gesetz hat die Aufgabe, Kinder und Jugendliche vor ungeeigneten Inhalten zu schützen. Besonders bei Jugendlichen kann es wichtig sein, gewisse Haltungen, wie z.B. die des Gesetzes, begründen zu können. Daher ist es wichtig zu wissen, wovor Kinder und Jugendliche eigentlich geschützt werden sollen.
Im Folgenden finden Sie zusammengefasste Ergebnisse von Studien zum Thema „Jugendliche und Pornografie“, die Sie mit Ihrem Nachwuchs besprechen können. Wichtig ist es, keine Moralpredigt zu halten oder Vorwürfe zu machen, sondern ruhig die Zusammenhänge zwischen den Tatsachen und gewissen Haltungen gemeinsam zu reflektieren.
- Pornos sind häufig gewaltvoll gegen Angehörige von Minderheiten, erniedrigen bestimmte Personengruppen und sind rassistisch aufgeladen.
- Pornos können Betrachter*innen in Unter- und Überlegenheitsfantasien einüben. So fördere früher Kontakt zu Pornografie auch sexistische Denkmuster und Grundhaltungen.
- In pornografischen Darstellungen wird meist ein Bild von Sexualität präsentiert, dass Macht und Gewalt hervorhebt und mit Sexualität und Intimität oft nichts mehr zu tun hat. Mainstream-Pornografie zeichnet sich durch Gewalt, Sexismus, Rassismus und kondom-/verhütungsfreiem Sex aus.
- Pornos bringen jungen Menschen in den allermeisten Fällen das Gegenteil einer Sexualität bei, die auf Zustimmung, Respekt und Gleichwertigkeit basiert.
- Befragungen von 11-16-Jährigen einer Studie zeigen auch, dass Kinder und Jugendliche eher nicht in der Lage sind, das Gesehene zu reflektieren und realistisch einzuschätzen. So hielt ein großer Prozentsatz der Befragten Pornografie für realistisch, haben durch Pornos für ihr Sexleben Ideen bekommen und werden einem Desensibilisierungsprozess ausgesetzt. Beim ersten Betrachten von Pornos sind Kinder und Jugendliche oft geschockt und verwirrt, diese Reaktion geht zurück, wenn Pornos wiederholt konsumiert werden.
- Es gibt einen Zusammenhang zwischen Pornokonsum und Gehirnstruktur. Eine Studie zeigte, dass je mehr sich die Probanden mit Pornografie beschäftigten, desto kleiner war das Volumen ihres Belohnungssystems im Gehirn. So bräuchten Personen mit hohem Konsum an Pornografie immer stärkere Anreize, um das gleiche Belohnungsniveau zu erreichen.
Studien zeigten auch, dass viele Kinder und Jugendliche Pornos gar nicht konsumieren wollen. Vor allem sei der Erstkontakt in den allermeisten Fällen ungewollt und viele Kinder und Jugendliche glauben sogar, dass das Erwachsenwerden leichter wäre, wenn der Zugang zu Pornografie erschwert werden würde. Aus diesen Gründen ist es wichtig, mit Kindern schon früh über die Gefahren in der Online-Welt zu sprechen. Versuchen Sie jedoch, keine Angst zu machen. Ein guter und aufgeklärter Umgang mit Medien kann sehr viel Schutz bieten. Der wichtigste Schutzfaktor, den Sie ihrem Kind jedoch bieten können, ist eine vertrauensvolle Beziehung, in der es weiß, dass es sich – egal welches Thema – immer an Sie wenden kann!
HAben Sie noch fragen?
Unsere Expert*innen sind für Sie da und nehmen sich Zeit für Ihre individuelle Situation. Vereinbaren Sie jetzt gleich einen Gesprächstermin über unseren Online-Kalender.
quellen:
Studie in Zusammenarbeit von NSPCC, Children’s Commissioner und Middlesex University London, UK 2017
Studie der Universität Nebraska, USA 2017
Studie des Max-Planck-Instituts, Deutschland 2014
Selbstlaut – Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen: Mit Kinder reden über... sexuelle Bildung und den Umgang mit Pornographie.